Jüdischer Kulturweg

Jüdische Geschichte im Schloss Horkheim

Stadt Heilbronn

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Peter Wanner

Anfänge in der Burg Horkheim

Heute sind in Horkheim kaum noch sichtbare Hinweise erhalten, dass etwa 250 Jahre lang eine kleine jüdische Gemeinde im Dorf existierte. Sie hatte sich schon weitgehend aufgelöst, als die jüdische Familie Maier 1943 der Schoa zum Opfer fiel.

Reste einer hebräischen Inschrift im früheren Gebetsraum in der Horkheimer Burg. Es handelt sich um einen Text, der vor der Lesung der Tora am Schabbat gesprochen wird: אב הרחמים הוא ירחם עם עמוסים – Der Vater des Erbarmens, Er erbarme sich des von Ihm getragenen Volkes… und endet gut sichtbar mit: ימלא משאלותינו במדה טובה ישועה ורחמים – und er begnade uns mit ewiger Rettung und erfülle unsere Wünsche in gutem Maß, mit Rettung und mit Erbarmen. Stadtarchiv Heilbronn / Foto: Barbara Kimmerle.

Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Horkheim ist eng mit der Geschichte der ehemaligen Burg verknüpft. Während das Dorf Horkheim 1504 an Württemberg fiel, blieb der Burgbezirk bis 1806 unter kurpfälzischer Oberherrschaft. Vor Ort wechselten sich verschiedene Ritterfamilien als Lehensträger ab. Für diese Ritterfamilien war die Ansiedlung von Juden im Bereich der Burg attraktiv: Sie verlangten Schutzgeld von den jüdischen Familien. Die württembergische Obrigkeit im Dorf Horkheim selbst duldete dagegen keine Jüdinnen und Juden.
Die Witwe Susanna Regina von Seybold von Horkheim, geborene von Hallweil, erlaubte um 1690 erstmals einer jüdischen Familie, sich im Bereich der Burg anzusiedeln: Abraham Mayer, Schwiegersohn des Moses aus Sontheim, zog als Schutzjude ins Horkheimer Schloss. Er handelte mit Vieh, Leinwand, Wolltüchern und Bettzeug.
Die Zahl der jüdischen Bewohner im Schlossbezirk blieb jedoch sehr gering – 1749 sind 17 Namen bekannt, 1771 waren es 89 Menschen. Mit dem Übergang des Schlosses an Württemberg 1806 und der zunehmenden Freizügigkeit für Menschen jüdischer Konfession konnten sie sich auch im Dorf Horkheim selbst niederlassen.

Die jüdische Gemeinde im 19. und 20. Jahrhundert

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner in Horkheim wie in anderen Landgemeinden stark ab. Dennoch errichteten sie 1859 eine neue Synagoge an der Schlossgasse 5.
1930 lebte nur noch die Familie des Viehhändlers Max Maier im Dorf. Er und seine Frau Selma, ihre kleine Tochter Margot und die Schwestern Max Maiers, Johanna Maier und Helene Künstler, wurden deportiert und in verschiedenen Lagern ermordet. Vor dem Haus Hohenloher Straße 15 erinnern Stolpersteine an ihr Schicksal.

Bauplan für eine neue Synagoge in Horkheim aus dem Jahr 1859. Im Erdgeschoss war neben dem Betraum auch eine Mikwe untergebracht, auf dem Halbgeschoss darüber befand sich die Frauenempore (Frauenstühle) und ein Gemeindezimmer. Das Gebäude mit der heutigen Adresse Schlossgasse 5 wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts als Bethaus genutzt und 1913 an einen Horkheimer Privatmann verkauft. Stadtarchiv Heilbronn

Der Burgbezirk

Der Horkheimer Burgbezirk war über drei Jahrhunderte hinweg für Württemberg exterritoriales Gebiet. Nur innerhalb dieses Bezirks waren Jüdinnen und Juden geduldet. Ihren Betraum hatten sie seit 1737 im zweiten Obergeschoss des mittelalterlichen Wohnturms. Zur selben Zeit legten sie im Burggraben ein rituelles Bad (Mikwe) an.
Als in der Folge weitere jüdische Familien in den Burgbereich zogen und dort baufällige Häuser erneuerten oder neue errichteten, blieben sie von Schutzgeldzahlungen befreit. Ihre Toten mussten sie 20 Kilometer entfernt auf dem jüdischen Friedhof von Affaltrach bestatten. Über einen solchen Leichentransport mit dem Ochsenwagen heißt es 1696, er habe „die ganze Samstag Nacht und den Sonntag“ gedauert.
Als die Horkheimer Juden 1859 den Neubau einer Synagoge in der Schlossgasse planten, wird auch eine „alte Sinagoge“ direkt dahinter genannt. Es ist unklar, wie lange die damals neu erbaute Synagoge dann als solche in Gebrauch war.

Das Areal der Horkheimer Burg auf einem Plan aus dem Jahr 1840: 1. „Steinhaus“, Wohnturm aus dem späten 13. Jahrhundert. 2. „Schloss“, 1560 erbaut und später verändert. 3. Wirtschaftsgebäude von 1838, früher Wohngebäude. 4. Wohngebäude, errichtet 1550. 5. 1859 als „Alte Sinagoge“ bezeichnet. 6. Bauplatz der neuen Synagoge von 1859. 7. Ehemalige Schlosskelter. Stadtarchiv Heilbronn.

Konflikte mit der Nachbarschaft

Die Obrigkeit im Dorf Horkheim lehnte die Ansiedlung von jüdischen Familien im Bereich der Horkheimer Burg ab – sowohl die Amtsleute des Herzogtums Württemberg als auch die kirchliche Obrigkeit. Die jüdischen Familien mussten jedes Jahr Wegegeld an das württembergische Oberamt bezahlen, um die Burg überhaupt verlassen zu können. Insbesondere die unterschiedlichen Ruhetage boten Anlass zu gegenseitigen Klagen.
Auch zwischen der Schlossherrschaft und den jüdischen Familien herrschte immer wieder Streit, insbesondere nachdem Mitte des 18. Jahrhunderts die Familie von Buhl das Schloss übernommen hatte. Heinrich von Buhl ging sogar so weit, dass er direkt neben dem Aufgang zum Betsaal im Wohnturm einen neuen Schweinestall bauen ließ – Schweine gelten in der jüdischen Religion als nicht koscher.

Auf einem Bauplan von 1879 ist die Synagoge an der heutigen Adresse Schlossgasse 5 (auf dem Plan 7) eingezeichnet. Stadtarchiv Heilbronn.

Eine ursprünglich an einer Türlaibung im Schloss Horkheim schräg angebrachte Mesusa, eine metallene Schriftkapsel mit eingelegtem Pergamentstreifen, auf dem das wichtigste Gebet der Juden (5. Mose 6, 4–9) geschrieben ist. Gläubige Jüdinnen und Juden küssen beim Betreten des Raums die Mesusa, indem sie sie mit den Fingerspitzen berühren und diese dann zum Mund führen.
Grabstein der Esther Kahn, geborene Machol, aus Horkheim, geb. am 15. Mai 1819, gest. am 21. Februar 1869 (jüdischer Friedhof Heilbronn-Sontheim). Foto: Margrit Elser-Haft.
Grabstein des Joseph Maier aus Horkheim, geb. am 18 September 1793, gest. am 4. Juli 1870 (jüdischer Friedhof Heilbronn-Sontheim). Foto: Margrit Elser-Haft.
Grabstein der Elise Gumbel, geborene Kahn, aus Horkheim, geb. am 14. Januar 1844, gest. am 28. September 1920 (jüdischer Friedhof Heilbronn-Sontheim). Foto: Margrit Elser-Haft.

Quellen und Literatur

Ungedruckte Quellen:
Stadtarchiv Heilbronn C004B-116, C004B-118, C004B-157, C004B-182, C004B-185, C004B-187, C004A-826

Literatur:
ANGERBAUER Wolfram / FRANK Hans Georg, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn (= Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn 1). Heilbronn 1986, S. 91–101.
Artikel zur jüdischen Gemeinde Horkheim auf der Internetseite der Alemannia Judaica, Link öffnen [Abruf am 10.05.2021].
Beschreibung des Oberamts Heilbronn. Hg. vom Statistisch-Topographischen Bureau. Stuttgart 1865.
FRANKE Hans, Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zu der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050-1945) (= Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn 11). Heilbronn 2011. [1963], Link öffnen [Abruf am 10.05.2021].
Schüz, Martin, Schloss Horkheim und seine Bewohner im 17. und 18. Jahrhundert. In: heilbronnica 6. Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte. 2016 (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heilbronn 22), S. 121–168.