Das Gurs-Mahnmal
Das Gurs-Mahnmal auf dem Friedhof erinnert an die letzten acht in Ittlingen lebenden Jüdinnen und Juden, die am 22. Oktober 1940 in das südfranzösische Lager Gurs deportiert wurden. Es wurde im Rahmen des von der Evangelischen Landeskirche in Baden angestoßenen ökumenischen Projekts "Mahnmal für die deportierten Juden und Jüdinnen Badens" geschaffen und am 9. November 2015 mit einer Feierstunde eingeweiht.
Dem Projekt liegt die Idee zugrunde, dass Gruppen von Jugendlichen gemeinsam ein Mahnmal gestalten, das in ihrem Heimatort und in gleicher Form an der zentralen Gedenkstätte oberhalb von Neckarzimmern (Neckar-Odenwald-Kreis) aufgestellt wird. Diese bilden dort für 139 badische Deportationsorte einen großen Davidstern. In Ittlingen schuf eine Gruppe von Konfirmandinnen und Konfirmanden auf Initiative der damaligen Gemeindepfarrerin Stefanie Fischer-Steinbach in Zusammenarbeit und unter fachlicher Anleitung des Steinmetzen Michael Herberth von der Kirchardter Firma Pisot Grabmale das Mahnmal. Die Firma stellte auch die Materialien zur Verfügung. Daneben führt die von der Gemeinde Ittlingen aufgestellte Tafel die Namen der Deportierten auf. Sie teilten das Schicksal der meisten der ca. 5.600 Verschleppten aus Baden, die bereits in Gurs oder später in den Vernichtungslagern des Ostens ermordet wurden.
Deportation und Vernichtung
Im Jahre 1933 lebten noch 37 Jüdinnen und Juden in Ittlingen. Etwa 20 gelang bis 1938 noch die Flucht in die Vereinigten Staaten, Familie Orbeck ging nach Frankreich. So lebten 1940 noch acht Jüdinnen und Juden in Ittlingen, welche am 20. Oktober nach Gurs deportiert wurden. Drei von ihnen starben bereits im Lager an Hunger, den mangelnden hygienischen Zuständen und den damit verbundenen Seuchen. Weitere drei wurden nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden. Das Schicksal einer Person ist unbekannt. Mit Irwin Wimpfheimer überlebte nur einer das Lager Gurs. Er war bei der Deportation erst neun Jahre alt und blieb nach 1945 in Frankreich. Weitere 18 Jüdinnen und Juden, die einen Bezug zu Ittlingen hatten – entweder Geburtsort oder längerer Aufenthalt – und im Zuge der Schoa ermordet wurden, listet die israelische Gedenkstätte Yad Vashem auf.
Das Kriegerdenkmal 1914–1918
Gegenüber dem Gurs-Mahnmal finden sich die Kriegerdenkmäler der Gemeinde Ittlingen. Ebenso wie auf dem Gedenkstein für die Teilnehmer des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 lassen sich auch auf dem Kriegerdenkmal des Ersten Weltkriegs, das 1924 errichtet wurde, die Namen von jüdischen Soldaten aus Ittlingen entdecken:
Ferdinand Ladenburger (gefallen am 25. September 1915), Joseph Wimpfheimer (gefallen am 5. September 1917), Wilhelm Weil (gefallen am 23. Dezember 1914), Julius Karlsruher (gefallen am 18. Oktober 1918), Alfred Bonnheim (gefallen am 15. August 1917) und O. Herz. Einige von diesen sind zwar in Ittlingen geboren, hatten den Ort aber schon vor Kriegsbeginn verlassen. Juden kämpften für Deutschland wie ihre christlichen Kameraden. Die Bereitschaft vieler jüdischer Deutscher, für ihr Vaterland zu kämpfen und zu sterben, galt den Nationalsozialisten letztlich nichts.
Literatur
ANGERBAUER Wolfram / FRANK Hans Georg, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn (= Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn 1). Heilbronn 1986, S. 115–121.
Artikel zur jüdischen Gemeinde in Ittlingen auf der Internetseite der Alemannia Judaica; Link öffnen [Abruf am 01.08.2021].
KRAUSS Martin, Ittlingen: vom späten 19. bis ins frühe 21. Jahrhundert. Ubstadt-Weiher u.a. 2023, S. 63–64.