Jüdischer Kulturweg

Der jüdische Friedhof Wimpfen

Stadt Bad Wimpfen

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Bernd Wetzka

Ein Erinnerungsort für die Angehörigen

Am 14. Januar 1898 starb in Wimpfen die 39-jährige Fanny Kahn. Am 15. Januar fand ihr Begräbnis statt. Dies war die erste Bestattung auf dem jüdischen Friedhof in Wimpfen. Ein Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1896 hatte die Anlage des neuen Friedhofs ermöglicht.
Am Ende des 15. Jahrhunderts wurden die in Wimpfen verstorbenen Jüdinnen und Juden auf dem jüdischen Friedhof in Neudenau beigesetzt. Zeitweise könnte es damals oder zuvor auch einen eigenen jüdischen Friedhof in Wimpfen gegeben haben. Darauf weist der nur im Volksmund bis zum 19. Jahrhundert geläufige Flurname „Judenkirchhof" hin. Dessen Lage ist jedoch nicht mehr bekannt.

Seit dem 16. Jahrhundert wurden die Wimpfener Jüdinnen und Juden, wie die vieler anderer Gemeinden aus der Region auch, auf dem Friedhof in Heinsheim bestattet. Seit 1881 existierte in Rappenau ein jüdischer Friedhof, auf dem auch Wimpfener Jüdinnen und Juden ihre letzte Ruhe fanden.
Die Gesuche der jüdischen Gemeinde Wimpfens um Mitbenutzung des neuen Friedhofs und der Leichenhalle der politischen Gemeinde lehnte der Gemeinderat 1893 und 1894 ab. Am 28. März 1896 stimmte er schließlich der Anlage eines jüdischen Friedhofs zu. Dieser entstand am Ortsrand an der nach Heinsheim führenden Erich-Sailer-Straße.

Jüdischer Friedhof in Bad Wimpfen, von Westen gesehen. Foto: Bernd Wetzka.

Die Familie Kahn

In demselben Grab wie Fanny Kahn wurde auch ihre Schwester Karoline Kahn bestattet, die 1917 vom hessischen Großherzog das Ehrenzeichen für Kriegsfürsorge erhalten hatte. In Bad Wimpfen erinnert heute der Karoline-Kahn-Weg an sie.
Mit 21 Jahren starb der Kriegsfreiwillige Fritz Kahn im Lazarett. Seinen Grabstein ziert ein Eisernes Kreuz.

Grabsteinplatte für die Schwestern Fanny und Karoline Kahn. Foto: Bernd Wetzka.

Auf dem Grabstein seiner Eltern Louis und Lina Kahn erinnert eine in der Zeit nach der nationalsozialistischen Diktatur angebrachte Inschrift an den Tod seines Bruders Karl in Theresienstadt. Fanny und Karoline Kahn sind die Tanten von Fritz und Karl Kahn.
Das letzte Begräbnis auf dem Wimpfener Friedhof fand 1937 statt. Augusta Baer, geborene Wolf, war die zweite Ehefrau Adolf Baers. Ihre Grabstelle ist nicht bekannt, da verfügt worden war, dass das Begräbnis ohne Aufsehen stattfinden sollte. Adolf Baer starb im Konzentrationslager Dachau. Ein öffentlicher Platz in Bad Wimpfen und ein Stolperstein erinnern an ihn.

Grabsteine der Familie Kahn. Foto: Bernd Wetzka.

Die Geschwister Mannheimer

Friederike Mannheimer schrieb 1937 an den Jüdischen Central-Verein: „Hier ist ein jüdischer Friedhof, schön und ruhig gelegen. Nun wurde vor einiger Zeit in dessen Nähe ein Schuttabladeplatz errichtet und jetzt liegen zerbrochene Kinderwagen, Flaschen und alter sonstiger Unrat bis und vor der Eingangstüre und auf der Mauer des Friedhofes. Dieses Frühjahr lagen sogar Krüge und Eimer etc. im Friedhof selbst. Damals schrieb ich deswegen an die Bürgermeisterei, weil eine Frau starb [Augusta Baer], ob die auswärtigen Verwandten diesen Zustand sehen sollen. Daraufhin wurde etwas aufgeräumt. Nun ist am Friedhof nicht zu sagendes Gerümpel getürmt.“ Ob die Angelegenheit weiterverfolgt wurde, ist nicht bekannt.
Die Schwestern Elise und Friederike Mannheimer wurden am 18.8.1940 gezwungen nach Mainz in die Breidenbacherstraße 25 umzuziehen. Es war eines der sogenannten Judenhäuser, eine jüdische Sammelwohnung, in der die Bewohnerinnen und Bewohner auf sehr engem Raum untergebracht waren. Offiziell handelte es sich um ein jüdisches Altersheim. In Mainz starb Elise Weil, geborene Mannheimer 1940.
Friederike Mannheimer wurde 1944 in Auschwitz ermordet. Die Todesjahre für Friederike Mannheimer und Elise Weil geb. Mannheimer sind auf dem Grabstein, der zugleich Gedenkstein ist, nicht richtig angegeben. Als der Gedenkstein im Auftrag eines Überlebenden 1958 angefertigt wurde, wusste dieser die Todesdaten nicht. Heute finden sich auf dem Friedhof 21 Grabsteine, darunter drei Kindergräber.

Grabsteinplatte „Zum Gedächtnis der Geschwister" Mannheimer: Ernst Mannheimer 1863–1928, Rosa Mannheimer 1865–1936, Elise Weil geb. Mannheimer 1870–1939 [1940] und Friederike Mannheimer 1872–1943 [1944]. Foto: Bernd Wetzka.

Grabsteine der drei Kindergräber. Foto: Bernd Wetzka.

Quellen und Literatur

Ungedruckte Quellen:
Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand Q 2 Nr. 43, Israel. Religionsgemeinde Darmstadt, Mikrofilm, Original in Yad Vashem.

Literatur:
Artikel zum jüdischen Friedhof in Bad Wimpfen auf der Internetseite der Alemannia Judaica; Link öffnen, [Abruf am 06.02.2024].
HABERHAUER Günther, Wimpfener Zeitungsgeschichte(n). Bad Wimpfen 1999.
HAHN Joachim / KRÜGER Jürgen, Synagogen in Baden-Württemberg. Teilband 2, Orte und Einrichtungen von Joachim Hahn. Hrsg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe, und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007, S. 40–42.
WILL Wilhelm, Flurnamenstudien an Hand einer Sammlung von Flurnamen der hessischen Exklave Wimpfen am Neckar. Gießen 1931.