Jüdischer Kulturweg

Das Rabbinat Lehrensteinsfeld

Gemeinde Lehrensteinsfeld

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Lukas A. Stadler / Hannah-Lea Wasserfuhr

Das Rabbinat

Lehrensteinsfeld wies eine ausgesprochen dichte jüdisch-religiöse Infrastruktur auf. Mit Ausnahme eines eigenen Friedhofs – die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Affaltrach bestattet – waren die wichtigsten Einrichtungen vorhanden. Eine Besonderheit ist das Rabbinat in der Lehrener Straße 74, das hier bis 1867 bestand.

Die Gemeinde wehrte sich gegen den Wegzug des Rabbiners ("Rabbinatswanderung") nach Heilbronn. Aus: Der Israelit. Ein Centralorgan für das orthodoxe Judenthum. Hrsg von Dr. Lehmann in Mainz, VIII. Jahrgang, Heft 7 vom 13. Februar 1867, S. 115, Universitätsbibliothek Frankfurt am Main/Compact Memory.

Anlässlich der Organisation der kirchlichen Verhältnisse der israelitischen Religionsgemeinden in Württemberg wurde in Lehrensteinsfeld 1832 ein Rabbinat eingerichtet, der Sitz eines Rabbiners. Ein Rabbi (hebräisch für „mein Lehrer“) ist in erster Linie ein Gelehrter für jüdische Religion, der aber auch die Mitglieder der jüdischen Gemeinde betreut. Dem Bezirksrabbinat waren auch die Gemeinden Affaltrach, Eschenau, Kochendorf, Massenbachhausen und Sontheim mit ihren Filialen zugeordnet. Die Wahl fiel auf Lehrensteinsfeld, weil hier eine von Aaron Nathan ins Leben gerufene Stiftung die Unterbringung eines Rabbiners ermöglichte. 1835 zählte der Bezirk 1.011 Personen, darunter etwa 110 Personen aus Lehrensteinsfeld.
Schon im 18. Jahrhundert wirkten hier Rabbiner, die teilweise auch für Affaltrach und Eschenau zuständig waren: 1725/29 Lämlin Moses, 1735 Oscher Lämlein, 1745 Aaron, 1753 Abraham Halberstadt, um 1760 Löb David und 1791 bis 1833 Salomon Abraham. Erst ab 1828 war für Jüdinnen und Juden das Führen von erblichen Familiennamen verpflichtend, sodass ältere jüdische Namen nicht den heute üblichen Gepflogenheiten folgten.

Das Rabbinerhaus

Das Rabbinerhaus wurde 1835 erbaut. Im Erdgeschoss des geräumigen Gebäudes waren die Küche, eine Schlafkammer für eine Hausangestellte und ein Kinderzimmer untergebracht, im Obergeschoss die Schlaf-, Wohn- und Gästezimmer und im Dachgeschoss eine Studierstube. Als Rabbiner bzw. Rabbinatsverweser wirkten bis 1867 Dr. Naphtali Frankfurter, Seligmann Grünwald, Maier Hirsch Löwengart (Salem), Max Bär Kallmann, Dr. Elkan Weimann und Dr. Moses Engelbert. Deren Gehälter und Unterbringung wurden durch die von Aaron Nathan ins Leben gerufene Aron’sche Stiftung finanziert.

Links: Ansicht des neuen Rabbinatsgebäudes in Lehren, Ost- und Nordseite (Giebelseite). Im Obergeschoss des großzügigen Hauses waren die Wohnräume, unter dem Dach eine Studierstube für den Rabbiner. Rechts: Grundriss Erdgeschoß, erstes Obergeschoß und Dachgeschoß. Ca. 1836. Staatsarchiv Ludwigsburg E 212 Bü. 125.

Schon 1859 war das Gewölbe unter dem Rabbinatsgebäude baufällig und musste gestützt werden. Für das Bauvorhaben musste die israelitische Kirchengemeinde ein Darlehen aufnehmen. Sein Ende fand das Rabbinat 1867, als dessen Sitz nach Heilbronn verlegt wurde. Nach der Versteigerung des Hauses im Juni 1933 musste das Haus geräumt werden. Später wurde es umgebaut.

Ehemaliges Rabbinatsgebäude Lehrensteinsfeld. Foto: Karl-Heinz Scholl.

Quellen und Literatur

Ungedruckte Quellen:
Staatsarchiv Ludwigsburg E 212 Bü. 125
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main/Compact Memory; Link öffnen

Literatur:
ANGERBAUER Wolfram / FRANK Hans Georg, Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Geschichte, Schicksale, Dokumente. Heilbronn 1986, S. 138–145.
Artikel zu Lehrensteinsfeld auf der Internetseite der Alemannia Judaica; Link öffnen [Abruf am 13.05.2021].
Liebenswertes Lehrensteinsfeld. Chronik über acht Jahrhunderte. Zusammengestellt vom Förderverein Dorfkultur Lehrensteinsfeld. Lehrensteinsfeld 2014, S. 126–130.
RITTER Martin, Die jüdische Gemeinde. In: Förderverein Dorfkultur Lehrensteinsfeld (Hg.), Liebenswertes Lehrensteinsfeld. Chronik über acht Jahrhunderte. Lehrensteinsfeld 2016, S. 126–130.